Mehr Mikroplastik im Boden als im Meer

Wissen / 20. Juni 2023 / Lesedauer 4 Minuten

Eine Plastiktüte liegt auf einem Acker

Das Wissen um Mikroplastik in den Ozeanen ist weit verbreitet. Was nur wenige wissen: Die Verschmutzung von Böden und Binnengewässern ist je nach Umgebung zwischen vier- und 23-mal so hoch wie im Meer. Über die langfristigen Schäden von Mikroplastik im Boden gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse. In diesem Beitrag zeigen wir, wie das Plastik in unsere Böden gelangt, dabei spielen Autoreifen eine große Rolle. Sie sind nach wie vor die größte Quelle von Mikroplastik. Es gibt aber noch weitere.

Dass Plastik allgegenwärtig ist, sollte mittlerweile jedem klar sein. Dennoch ist das Thema Plastik im Boden noch relativ neu: denn die Forschung über die Mikroplastik-Belastung im Meer hat etwa ein Jahrzehnt Vorsprung [1].

Ob die Reifen an unserem Auto, unsere tägliche Kleidung oder Waschmittel – Wohin man auch schaut, entdeckt man den meist aus Erdöl hergestellten Werkstoff. Das Problem: Das in die Umwelt gelangte Plastik zersetzt sich zu Mikroplastik, gelangt in den Boden und wird von Pflanzen und Tieren aufgenommen, bis es schließlich in unserer täglichen Nahrung landet. Das sind pro Woche laut einer vom WWF beauftragten Studie ganze 5g Mikroplastik – so viel wiegt eine herkömmliche Kreditkarte [3].

So gelangt das Plastik in unsere Böden
Vier Quellen für Mikroplastik im Boden: Autoreifen, Littering/Vermüllung, Landwirtschaft & Kunstrasen
Autoreifen: 130.000 – 160.000 Tonnen

Autoreifen sind Kunststoff pur. Der Abrieb von Mikroplastikpartikeln durch unsere täglichen Fahrten in Deutschland beläuft sich auf rund 130.000 bis 160.000 Tonnen jährlich. Mehr als jeder zweite Deutsche besitzt einen PKW, viele Haushalte haben sogar Zweit- oder Drittwagen [4].

Kunstrasen & Reitböden: 11.000 Tonnen

Normaler Rasen wird gerade auf Reit- oder Fußballplätzen je nach Witterungslage schnell matschig. Der herkömmliche Rasen wird deshalb immer häufiger durch Kunstrasen ersetzt. Die abgenutzten Kunststoffpartikel bleiben leider nicht an Ort und Stelle: Ganze 11.000 Tonnen Plastik gelangen in Deutschland so jährlich in den Boden [2].

Littering / Vermüllung: 4.000 Tonnen

Trauriger Sidefact: Es gibt einen offiziellen Begriff für die Vermüllung bzw. das achtlose Entsorgen von Abfällen im öffentlichen Raum: Littering.

Allein in Deutschland werden jährlich ganze 4.000 Tonnen (!) Abfälle wie Zigaretten, Einweggetränkebecher und Kaugummis achtlos in der Natur entsorgt. In den meisten Fällen landen diese Abfälle, die zu einem großen Teil aus Kunststoffen bestehen, in die Erde und über Binnengewässer ins Grundwasser. Dort zersetzen sie sich nur sehr langsam und werden schlussendlich zu Mikroplastik [2].

Landwirtschaft & Gartenbau: 2.000 Tonnen

Die genauen Mengen der Verschmutzung durch Mikroplastik aus den Bereichen Landwirtschaft und Gartenbau sind bislang unklar. Fest steht: Plastik ist in Bezug auf unsere Ernährung nicht mehr nur Teil der Verpackung.

 

Landwirtschaft

In der Landwirtschaft werden weltweit etwa 6,5 Millionen Tonnen Kunststoff eingesetzt. Ohne Plastik scheint der Obst- und Gemüseanbau unmöglich zu sein: Nicht nur Bewässerungsanlagen und Gewächshäuser sind aus Plastik, auch Obstbäume und Sträucher werden zum Schutz vor hungrigen Vögeln mit Plastik geschützt oder ganze Felder sind mit Planen abgedeckt. Das Plastik hilft hier beim Erhitzen des Bodens und fördert so beispielsweise eine frühere Spargel-Ernte.

 

Klärschlamm als Dünger

Auch Klärschlamm spielt eine wesentliche Rolle in Bezug auf die Verschmutzung unserer Böden: Bei jedem Waschgang dreht sich eine Waschtrommel mehrere hundert Male und reibt winzige Partikel von der Kleidung ab. Diese Partikel landen mitsamt Zahnbürstenborsten, Waschgelen und anderen flüssigen Kunststoffverbindungen im Abfluss und so in unseren Kläranlagen. Hier wird das Abwasser aus Industrien, Städten und Dörfern gefiltert. Diese Filter sind nicht fein genug, um Mikroplastik herauszufiltern. So landet das meiste Mikroplastik im Endprodukt: dem Klärschlamm. Dieser Klärschlamm ist voller wertvoller Mineralien und wird überall in Europa als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt.

So gelangen pro Jahr allein durch den Klärschlamm viele Tonnen Mikroplastik auf unsere Felder. Liegt der Anteil an Störstoffen im Klärschlamm unter 0,1 %, gilt er als störstofffrei. Zur Bestimmung des Störstoffanteils werden aktuell nur Fremdkörper berücksichtigt, die eine Gesamtgröße von zwei Millimeter übertreffen. Doch eine Verbesserung ist in Sicht: Eine Änderung an der Düngemittelverordnung soll diese Grenze auf einen Millimeter absenken. Ein wichtiger Schritt zur Reduktion des Plastiks im Boden [1].

 

Allein durch die Düngung unserer Felder mit Kompost und Klärschlamm, gelangen so rund 2.000 Tonnen Mikroplastik unwiderruflich in die Böden. Jährlich. In Deutschland. Und das sind nur die bekannten Zahlen. Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist [2].

Fazit: Wir haben ein Problem!

Plastik hat einen hohen Wert für unseren Alltag. In der Medizin, im Flugzeugbau und vielen weiteren Bereichen ist es unverzichtbar. In der Landwirtschaft und im Bereich Verpackungen braucht es Veränderungen. Fakt ist: Mikroplastik verändert die Struktur der Böden. Das bedeutet auch eine Gefährdung des Lebensraumes unzähliger Mikroorganismen, Regenwürmer und weiterer Lebewesen. Sie wiederum leisten einen wichtigen Beitrag zur Fruchtbarkeit unserer Böden.

Etwa ein Drittel von den jährlich produzierten 400 Millionen Tonnen Plastik weltweit landen mutmaßlich im Boden und im Meer. Die Belastung im Boden soll dabei je nach Umgebung sogar vier- bis 23-mal höher sein als im Meer . So gelangt das Plastik sowohl in Tiere und in unsere Nahrungskette. Wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sehr Mikroplastik unseren Böden und dadurch letztendlich den Tieren und Menschen schadet, gibt es bislang noch wenige [1].

 

Unsere Tipps:
  • Lieber zu Fuß gehen oder Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel nutzen statt Auto
  • Mehrwegtaschen statt Einwegtüten verwenden
  • Unverpackt einkaufen
  • Auf natürliche Inhaltsstoffe beim Kleidungskauf achten
  • Zertifizierte Naturkosmetik verwenden -> Tipp: ToxFox-App 
  • Waschmittel ohne Kunststoffverbindungen kaufen -> Lesetipp: Ökotest
  • Mehr Tipps gibt’s hier

 

Also, los geht’s! Jeder von uns kann einen Beitrag leisten!