Seit 2006 in Betrieb genommen, die Biogasanlage der Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL) – oder wie sie offiziell genannt wird: die Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage, kurz MBA. Seit 2010 werden hier auch Bioabfälle verwertet. [1] Ganze 110.000 Tonnen organische Abfälle, davon 60.000 Tonnen Bioabfälle, können jährlich in der MBA verarbeitet werden. [1] Wie wir aus dem Blogbeitrag „Wie funktioniert eine Biogasanlage?“ wissen, werden aus den organischen Abfällen humusreicher Kompost und wertvolle Bioenergie gewonnen. Wir haben bei Jürgen Adler, dem Leiter der Anlage, nachgefragt, was das Besondere an der MBA in Lübeck ist. Die Antwort ist leichtgefallen: Die hohe Produktqualität.
Energielieferant Bioabfall – aus der Region, für die Region
Insgesamt wurden in der MBA im Jahr 2023 rund 89.000 Tonnen Abfälle behandelt. [2] Die gesammelten Bioabfälle stammen aus der Hansestadt Lübeck, Bad Segeberg sowie den Landkreisen Ostholstein, Steinburg und Stormarn.
Strom und Wärme für 1.200 Haushalte in Lübeck
Vier Mixer, zwei Fermenter (Bioreaktoren) und eine Hydrolyse erzeugen in der MBA jährlich zwischen vier und fünf Millionen Kubikmeter Biogas. [2, 6] Dieses Biogas wird anschließend im Blockheizkraftwerk zu Bioenergie umgewandelt. Pro Tonne Bioabfall können ca. 110 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Das reicht, um zwei Kraftwerkstandorte der EBL sicher mit Strom und Wärme und einen großen benachbarten Gewerbebetrieb mit Wärme zu versorgen. Überschüssiger Strom wird darüber hinaus ins öffentliche Netz eingespeist. [1]
Im Jahr 2023 wurden durch die Verwertung der Bioabfälle rund 4.800 Megawattstunden Strom durch Biogas gewonnen. Ein Einfamilienhaus mit vier Personen in Deutschland verbraucht jedes Jahr durchschnittlich etwa 4 Megawattstunden Strom. [3, 4, 5] Die Menge an Strom, die 2023 erzeugt wurde genügt also, um den Jahresbedarf an Strom für 1.200 Haushalte zu decken. „Je sortenreiner der Abfall getrennt wird, desto besser ist die Energiebilanz bei der Verwertung.“, erklärt Jürgen Adler.
20.000 Tonnen Kompost – und ein bisschen Rest
Bei der Vergärung des Bioabfalls in der MBA entsteht nicht nur Biogas, sondern auch ein Gärrest. Innerhalb von nur sechs Wochen wird dieser im ansässigen Biomassewerk zu Kompost weiterverarbeitet. Rund 20.000 Tonnen humusreicher Kompost wurden insgesamt im Jahr 2023 durch die Bio- und Gartenabfälle gewonnen. [1] Die Landwirtschaft, Erdenwerke, der Garten- und Landschaftsbau und auch private Gärtner, wie du und ich, sind Abnehmer des Komposts. Neu seit diesem Frühjahr: Pflanzenerde in Säcken für den Hausgebrauch.
Ein kleiner Teil, etwa ein Drittel, bleibt als nicht verwertbarer Inertabfall zurück – er wird auf der Deponie eingelagert.
So hilft die MBA dem Klima
„Die CO2-Bilanz ist die Währung der Klimaentlastung und des Umweltschutzes.“, schreiben die Entsorgungsbetriebe Lübeck auf ihrer Webseite. Im Vergleich zu Müllverbrennungsanlagen in Deutschland erzeugt die MBA deutlich weniger CO2. Laut dem kommunalen Entsorgungsbetrieb sind es ganze 200 Kilogramm weniger CO2 pro Tonne Abfall. [6] Aber nicht nur die CO2-Bilanz ist ein Maß für den Umweltschutz. Durch die Verwertung der organischen Abfälle werden zahlreiche Ressourcen eingespart. Damit leistet die MBA in Lübeck einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit.
Wer arbeitet hier eigentlich?
Umwelttechnik, Elektrotechnik und Metallkunde eng zusammen. Ingenieure, Techniker sowie Meister und Fachkräfte. Damit die Anlagen beinahe rund um die Uhr bewacht sind, sind die Arbeitszeiten der Mittarbeiter in Früh- und Spätschicht unterteilt. Die Frühschicht startet schon um 5:30 Uhr am Morgen und endet gegen 14:00 Uhr am Mittag. Die Spätschicht startet gegen 13:30 Uhr und leistet bis 22:00 Uhr am Abend tatkräftige Arbeit. Um ein besseres Bild von der Arbeit vor Ort zu bekommen, haben wir zwei Mitarbeiter kennengelernt.

Vom Azubi zum Anlagenprofi – Adam kennt jeden Handgriff
Adam O. arbeitet als Fachkraft im Bereich Ver- und Entsorgung. Er betreut die verfahrenstechnischen Anlagen der MBA und kümmert sich um die Nassaufbereitung (Konditionierung), des Fermenters und der Entwässerungsmaschinen. Am meisten Spaß bereiten ihm die abwechslungsreichen Aufgabenstellungen auf der Anlage. Seine wesentlichen Aufgaben sind die Bedienung, Wartung und Fehlersuche an den Maschinen und am Gesamtprozess. „Ich habe auf der Anlage bereits meine Ausbildung gemacht. Über meinen Schwiegervater habe ich von der Ausbildung erfahren und bin seitdem hier.“, erklärt uns Adam. Er ist also von der Pike auf dabei und kennt sich mit allem bestens aus.
Mit Herz bei der Sache – André sorgt für Bewegung im System
Auch Andre´ L. arbeitet als Fachkraft im Bereich Ver- und Entsorgung. Nach seiner Ausbildung bei der Deponie Niemark ist er zur MBA der Entsorgungsbetriebe Lübeck gekommen. Seitdem arbeitet er mit Freude auf der Anlage. Mit Adam zusammen kümmert er sich täglich um die Maschinen, um einen reibungslosen Prozess zu ermöglichen. Am meisten gefällt auch ihm die Vielfalt und Abwechslung der Tätigkeiten, und das Miteinander unter den Kollegen. Natürlich trennt Andre´ auch zuhause seinen Bioabfall sortenrein. Er hat sogar einen eigenen Kompost im Garten.
Ein bisschen Gestank gehört zum Job
Wer eine Abfallbehandlungsanlage betritt, merkt es sofort: Bioabfall riecht intensiv – besonders im Sommer. Adam und André nehmen es gelassen: „Nach dem Urlaub merkt man den Geruch wieder stärker“, meint André. Dank Dusche und Wechselkleidung bleibt davon zuhause kaum etwas hängen. Beide sagen: Man gewöhnt sich dran – es gehört einfach zum Job.
„Die Familie bekommt davon wenig mit, da wir Duschen und Wechselkleidung verwenden.“, erklärt Adam. Beide haben sich an die speziellen Gerüche auf der Anlage gewöhnt. Es gehört wohl einfach dazu. 😊
Ein Blick hinter die Kulissen, der sich lohnt
Die MBA der Entsorgungsbetriebe Lübeck zeigt eindrucksvoll, wie moderne Abfallverwertung funktioniert – effizient, nachhaltig und mit echter Handarbeit. Aus Bioabfällen wird wertvolle Energie, nährstoffreicher Kompost und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Gleichzeitig stehen hinter der Technik engagierte Menschen wie Adam und André, die mit Herzblut dafür sorgen, dass das System rundläuft – auch wenn’s mal stinkt. 💚
Ein echtes Plus für Lübeck – und ein starkes Beispiel dafür, wie aus Abfall echte Werte werden.