Was sind kompostierbare Biobeutel?
„Bio“-Plastik ist ein Lösungsansatz für das Problem Plastikmüll. Es besteht zu 20 bis 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrohr. Die Zersetzung des „Bio“-Plastiks wird von den Herstellern unter Laborbedingungen erprobt. Sie versuchen, biologische Kreisläufe zu simulieren. Kompostierbare Biobeutel sind also Beutel, die aus Bioplastik bestehen und sich in einer Kompostierungsanlage zersetzen sollen.
Was im Gedankenansatz eine tolle Idee ist, funktioniert in der Praxis jedoch eher schleppend bis gar nicht. Das ist vor allem bei „kompostierbaren Biobeuteln“ ein Problem, die in der Biotonne landen.
Die Prüfkriterien des Siegels geben vor, dass die Kunststoffe nach 12 Wochen bei 60°Celsius in Teile zersetzt sein müssen, die kleiner sind als 2 mm. Damit gehören diese Teile der Kategorie „Mikroplastik“ an. Nach maximal 6 Monaten müssen kompostierbare Kunststoffe nahezu vollständig abgebaut worden sein. Das Problem: In den meisten industriellen Kompostierungsanlagen hat der Biomüll nur 4 Wochen Zeit sich zu zersetzen.
Ist die Bezeichnung „kompostierbar“ Greenwashing?
Es tut sich etwas im Hinblick auf die Regeln der Werbewelt: Brüssel sagt irreführender „grüner Werbung“ den Kampf an. Was das im Detail bedeutet, werden die folgenden Monate zeigen.
Denn immer mehr Unternehmen bewerben ihre Produkte als nachhaltig. Dabei gibt es dafür oft gar keine Belege – oder die Aussagen sind schlicht falsch. Diese angeblich nachhaltigen Produkte verursachen ein enormes Müllproblem – egal ob „kompostierbar“ oder nicht. Bei einer „kompostierbaren“ Kaffeekapsel z.B. werden die etwa sechs Gramm Kaffee von etwa 4-5 Gramm Kapsel plus Umverpackung umhüllt. Das ist pure Ressourcenverschwendung. Möwenpicks Kaffeekapseln wurden jetzt sogar von foodwatch für den „goldenen Windbeutel 2022“ nominiert. „Kompostierbar“ und „biologisch abbaubar“ sollen die „Mövenpick Green Cap“ vom Kaffeekonzern J. J. Darboven sein. Tatsächlich sind die Kaffeekapseln alles andere als umweltfreundlich: Abfallunternehmen könnten sie weder kompostieren noch recyceln – sondern müssten sie verbrennen, kritisierte Foodwatch. Die Verbraucherorganisation hat den Hersteller deshalb jetzt wegen irreführender Werbeaussagen abgemahnt. Pressemitteilung lesen
Wir haben uns gefragt, ob die Bezeichnung „kompostierbar“ bei Bioplastikbeuteln für die Bioabfallsammlung irreführend ist. Wenn ja, wäre es eine Marketing-Lüge. Fest steht, dass sich sowohl „kompostierbare“ Kaffeekapseln als auch Bioplastiktüten nicht vollständig in der von industriellen Kompostierungsanlagen vorgegebenen Zeit zersetzen. In einem Test im Zuge der SWR-Dokumentation „Das Geschäft mit der Nachhaltigkeit“ haben sich nach 4 Monaten beide „kompostierbaren“ Produkte nicht zersetzt.
Die EU-Kommission will handeln. Mit der sogenannten EU-Richtlinie sollen klare Vorgaben gemacht werden, an denen sich Hersteller oder Händler bezüglich ihrer Werbeaussagen zum Umwelt- und Klimaschutz halten müssen. Negative Folgen, welche mit umweltschützenden Maßnahmen einhergehen, müssen für den Verbraucher klar und verständlich gemeinsam mit dem „grünen Werbeversprechen“ kommuniziert werden. Ist dem nicht so, darf das Produkt in der Werbekommunikation nicht als „grün“ betitelt werden. Inwieweit sich das auch auf die Begrifflichkeit „kompostierbar“ auswirkt, bleibt abzuwarten.
Sind „kompostierbare Biobeutel“ ein Fall für den Verbraucherschutz?
Das Magazin „Markt – Das Verbrauchermagazin des NDR“ gibt in der Sendung vom 20. Januar 2023 eine klare Meinung dazu ab: auf jeden Fall! Mit dreisten Umweltlügen wie „100% kompostierbar“ und „lässt sich innerhalb weniger Wochen abbauen“ führen die Hersteller den Verbraucher in die Irre. Der Vorteil: Sie sind im Gegensatz zu Papiertüten reißfest und wasserdicht. Zersetzen tun sie sich aber innerhalb der vorgegebenen Zeit der industriellen Kompostierungsanlagen nicht.
Die Bioplastiktüten werden nicht kompostiert, sondern aussortiert und verbrannt.
Sind Plastik-Biobeutel sinnvoll für die Umwelt? Das Fazit:
Plastiktüten zersetzen sich nach der vorgegebenen Zeit im Kompostierwerk zu kleiner als 2 mm große Teile: Sie sind zu Mikroplastik geworden. Dieses Mikroplastik verunreinigt den Biokompost und gelangt somit in unsere Nahrungskette. Bislang sind die Folgen für den menschlichen Körper noch unerforscht. In Bezug auf die „Werbebotschaft“ lässt sich Folgendes festhalten: „100 % kompostierbar“ sind die Produkte nicht – auch wenn es auf der Verpackung draufsteht. Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale spricht im NDR-Beitrag von einer „Verbrauchertäuschung durch Sorglosigkeit“.
Die Idee und der Lösungsansatz sind gut, es besteht allerdings noch Luft nach oben. Besonders wichtig ist in Hinblick auf eine saubere Mülltrennung Transparenz. Dabei sind folgende Fragen wichtig:
- Wie grün sind Produkte wirklich?
- Wie können wir die Bürger*innen vor Werbeversprechen schützen?
- Wie können wir Bürger*innen unterstützen?
Genau dieser Herausforderung stellt sich der Verein wirfuerbio e.V. mit all seinen Kommunikationsmitteln und Maßnahmen zur Umweltbildung. Kompostierbares Plastik oder Bioplastik landet leider nicht im Gelben Sack oder der Verpackungstonne, sondern ist ein Fall für die Verbrennung. Deshalb sagen wir: Finger weg von kompostierbarem Plastik – es ist (noch) nicht die richtige Lösung und wird nicht recycelt.
Unser Tipp:
Um auf der sicheren Seite zu sein, bietet es sich an, Biomüll entweder lose, in Zeitungspapier oder in einer Papiermülltüte zu entsorgen. So sind wir auf der sicheren Seite und tun Gutes. Für uns und unsere Umwelt.