Weltweit landen laut einer Studie der Welternährungsorganisation (FAO) jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel in der Tonne.[1] Das entspricht einem Verlust von rund einem Drittel aller für den menschlichen Konsum produzierten Nahrungsmittel.[1] Davon gingen nach Angaben der Bundesregierung im Jahr 2020 rund 11 Millionen Tonnen auf unsere Kappe.[2, 3, 4] Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle 4 Jahre eine Messung der anfallenden Lebensmittelabfälle durchzuführen. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahlen weiter steigen. Ungeachtet der aktuellen Zahlen steht fest: Wir werfen Lebensmittel viel zu schnell und viel zu häufig in den Müll.
Verluste entlang der gesamten Versorgungskette
Lebensmittelabfälle in Deutschland entstehen laut statistischem Bundesamt durch Verluste entlang der gesamten Versorgungskette. Also vom Produzenten bis hin zu uns Konsumenten. Vom Acker bis auf den Teller. Die ermittelte Abfallmenge umfasst dabei nicht nur vermeidbare Lebensmittelabfälle, sondern auch die Abfälle, die durch unseren Konsum oder die Verarbeitung anfallen. Dazu gehören zum Beispiel Schalen oder Knochen.
Wo entstehen die Verluste?
- Ein kleiner Anteil der Lebensmittelverluste in Deutschland entstehen in der Landwirtschaft durch Sortierungs- oder Lagerungsprozesse und durch den Transport.
- Rund 1,6 Millionen Tonnen entstehen innerhalb der Lebensmittelverarbeitung. Zum Beispiel durch beschädigte oder Fehlerhafte Verpackungen, oder aber nicht essbare Anteile (tatsächlicher Abfall).
- Etwas mehr als eine halbe Million Tonnen sind auf den Handel durch zum Beispiel zu große Bestellmengen zurückzuführen.
- Wiederum einen erheblichen Anteil verursachen mit rund 1,9 Millionen Tonnen Restaurants, Mensen und Catering-Betriebe. Vor allem beim Buffet bleibt eine Menge auf dem Teller als Abfall liegen.
- Den größten Anteil der erfassten Abfallmenge an Lebensmittelresten entsteht allerdings durch uns alle. Rund 6,5 Millionen Tonnen – und damit über die Hälfte der gesamten Lebensmittelabfallmenge in Deutschland – ist auf die privaten Haushalte zurückzuführen.
Diese Werte sind kritisch zu betrachten. Deutschland befand sich im Jahr 2020 – wie alle anderen Länder der Welt – mitten in der Corona-Pandemie. Es ist anzunehmen, dass die Mengen an Lebensmittelabfällen durch die privaten Haushalte etwas sinken und die Anteile durch den Außerhaus-Verzehr (Restaurants) zunehmen werden.
Den größten Beitrag können zweifelsfrei wir alle leisten. Lebensmittel haben mehr verdient, als zu vergammeln und in der Abfalltonne zu landen.
Obst und Gemüse werfen wir am meisten weg
Umgerechnet landen jährlich ganze 78 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf im Abfall. Der größte Anteil besteht aus Gemüse und Obst (35 %). Je rund ein Fünftel sind zubereitetes Essen (15 %), Brot und Backwaren (13 %) sowie Getränke (12 %). Einen geringeren Anteil machen Milchprodukte (9 %), Fertigprodukte (6 %) und Fleisch, Wurst und Fisch (4 %) aus.[5]
Lebensmittelverschwendung: Ethisch und ökologisch ein Desaster
Die Lebensmittelverluste entlang der Produktionskette von Nahrungsmittel, aber gerade die vermeidbare Lebensmittelverschwendung, ist nicht nur ethisch eine Katastrophe, sondern auch ökologisch. Es werden Wasser, CO2, Ackerfläche und wertvolle Rohstoffe verbraucht. Damit schadet die Verschwendung von Lebensmitteln unserer Umwelt und dem Klima. Laut Umweltbundesamt verbrauchen die Lebensmittelabfälle von 100 Menschen mehr Treibhausgas-Emissionen als ein PKW auf seiner Fahrt um den Äquator ausstoßen würde.[1] Allerdings gibt es Unterschiede im Verbrauch der Ressourcen: Laut einer Kurzstudie des Umweltbundesamtes von 2021 sind die Treibhausgas-Emissionen für die Erzeugung tierischer Lebensmittel pro Kilogramm viermal höher als die zur Erzeugung pflanzlicher Nahrungsmittel.[1, 6] Ein Grund mehr, auf tierische Produkte zu verzichten bzw. den Konsum zu reduzieren. Oder etwa nicht?
Unser Konsum ist größer als die bestehende Ackerfläche
Laut einer Studie des Umweltbundesamtes benötigen wir für unseren Nahrungsmittelkonsum eine Anbaufläche von 18,3 Millionen Hektar. 7,1 Millionen Hektar für pflanzliche Nahrungsmittel und 11,2 Millionen Hektar für Lebensmittel tierischen Ursprungs. Tatsächlich bewirtschaftet werden in Deutschland allerdings nur 16,7 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche. Diese Flächen werden neben dem Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln und Futterpflanzen auch für den Anbau von Energiepflanzen für Bioenergie genutzt. Doch auch wenn die gesamte Fläche allein für die Erzeugung pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel verwendet werden würde, übertrifft unser Konsum rein rechnerisch die zur Verfügung stehende landwirtschaftliche Fläche in Deutschland.
Weil wir, wie wir alle wissen, nicht nur Lebensmittel aus Deutschland konsumieren, sondern auch Obst und Gemüse, Gewürze, Kaffee, Tee und vieles mehr aus anderen Ländern importieren, belegen wir in der Realität weltweit weitere Millionen Hektar Ackerflächen. Nur 6,6 Millionen Hektar Anbaufläche für die Produktion von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln befinden sich tatsächlich in Deutschland. Ganze 11,7 Millionen Hektar Anbauflächen werden außerhalb von Deutschland beansprucht. Das sind 64 Prozent des gesamten Nahrungsmittelbedarfs.[6]
Verlust von 22 Badewannen Wasser täglich
Für die Herstellung unserer Lebensmittel werden laut Umweltbundesamt pro Kopf jährlich etwa 1,2 Millionen Liter Wasser verbraucht. Pro Tag entspricht das einer Menge von 3.350 Liter – oder bildlich gesehen 22 gefüllte Badewannen. Das Gute: Etwa 93 Prozent des Wassers ist natürlichen Ursprungs und wird durch Niederschlag gewonnen.[6]
Unsere Tipps gegen Food Waste
Sagt dem verschimmelten Brot Ade! Wir haben alltagstaugliche Tipps und Tricks zusammengetragen, um weniger Lebensmittel frühzeitig entsorgen zu müssen. Und das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für den eigenen Geldbeutel.
- Regional und saisonal einkaufen
- Weniger Fleisch und mehr pflanzliche Produkte konsumieren
- Nur so viel einkaufen, wie gegessen wird
- Einkaufslisten anstatt unkoordinierter Einkäufe
- Ordnung im Kühlschrank, in der Gefriertruhe und in der Speisekammer: So habt ihr stets den Überblick, was wirklich gebraucht wird und vermeidet scheinbar „sinnlose“ Einkäufe
- Brot und Backwaren im Leinentuch oder Brotkasten vor dem Austrocknen schützen; für kleine Haushalte lohnt sich das Einfrieren einer Brothälfte
- „Haltbar bis“ heißt nicht tödlich ab: Das Haltbarkeitsdatum als Richtwert nehmen, die Nase, der Mund und die Augen entscheiden am Ende, ob das Produkt noch genießbar ist oder nicht.
- Nachbarn, Freunde oder Arbeitskollegen mit Essenresten beglücken – Wer freut sich nicht über gratis Essen? 😉
Clever Lagern
Lebensmittel richtig zu lagern ist ein Muss zur Verlängerung der Haltbarkeit unserer Lebensmittel. Einige Lebensmittel mögen es dunkel, andere hell, einige wollen es kühl, andere warm. Ein einfacher Trick, um den richtigen Lagerort für die Lebensmittel herauszufinden, ist sich in Erinnerung zu rufen, wo die Lebensmittel ursprünglich herkommen und ob sich schnell Bakterien bilden.
- Kartoffeln wachsen in der Erde und mögen es am liebsten kühl und dunkel
- Zitronen stört Wärme nicht im Geringsten.
- Tierische Produkte wurden verarbeitet und müssen immer kühl und luftdicht verschlossen gelagert werden.
Resteverwertung oder ab in die Tonne?
Es gibt einen Unterschied zwischen Resten und Abfall. Lebensmittelreste verdienen es weiterverwendet oder abgefüllt und eingefroren zu werden. Bleibt zu viel vom Mittagessen übrig, gibt es nichts Leichteres, als die Portion(en) einzufrieren oder kommenden Tag weiter zu essen. Oft ist auch etwas Kreativität gefragt, um Lebensmittelreste clever zu verwerten und mit anderen Lebensmitteln kombiniert zu einem neuen Gericht zu verwandeln. Und falls die Kreativität mal in der Schublade bleibt: Die App „Zu gut für die Tonne“ vom BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) bietet einfache Rezepte zum Lebensmittelretten.
Unser Spezial-Tipp: Auch Reste lassen sich beim Kochen minimieren. Denken wir an Strunk, Blätter und Schalen von Gemüse und Kräutern: Je mehr vom Lebensmittel verwertet wird, desto besser. Schaut euch dazu unseren Beitrag zum Thema „Halloweenkürbis“ an.
Europa setzt sich ein gegen Food Waste
Die europäischen Mitgliedstaaten setzen sich seit einigen Jahren für die Reduktion von Lebensmittelabfällen ein. 2008 wurde eine Abfallrahmenrichtlinie vom europäischen Parlament entworfen, um die Abfallvermeidung innerhalb der europäischen Mitgliedstaaten zu fördern. Innerhalb dieser Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle vier Jahre die Menge der innerhalb eines Jahres anfallenden Lebensmittelabfälle zu erfassen. In Deutschland wurde 2019 eine nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung verfasst. Ziel ist es, die Menge an Lebensmittelabfällen in Deutschland bis 2030 zu halbieren.
Foodwaste ist Thema bei der diesjährigen Woche der Abfallvermeidung
Auch bei der Europäische Woche der Abfallvermeidung dreht sich in diesem Jahr alles rund um das Thema Lebensmittelverschwendung. Unter dem Motto „Bis zum letzten Krümel: Lebensmittel sorgsam verwenden“ möchte die EWAV vom 16. Bis zu 24. November 2024 die Vermeidung von Lebensmittelabfällen in den Fokus rücken. Die EWAV ist eine jährlich wiederkehrende Aktionswoche, die das Ziel verfolgt der Öffentlichkeit jedes Jahr ein neues, wichtiges Thema zum nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen näher zu bringen.
Wir brauchen einen achtsameren Umgang mit Lebensmitteln
Abfallvermeidung ist richtig und wichtig, egal ob es sich um Lebensmittel oder Plastikverpackungen handelt. Ein achtsamer Umgang mit Ressourcen sowie ein reflektiertes Konsumverhalten helfen unserer Umwelt. Wir wünschen uns, dass ihr beim nächsten Einkauf zweimal darüber nachdenkt, wie viele Lebensmittel ihr wirklich braucht, was noch zuhause vorrätig ist und wie die Reste vom Vortag durch kleine Kniffe aufgewertet werden können.
Food Waste geht uns alle an. Lasst es uns gemeinsam anpacken.
Zum Weiterlesen: Im Blogbeitrag „Lebensmittel retten: 4 Apps und Plattformen im Überblick“ stellen wir verschiedene online Angebote gegen Foodwaste vor.